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Ukrainische Gefangene, bestattet in Niederbühl

Von Wolfgang Braun
Erstellt im Oktober 2024. Zweite, überarbeitete Version vom Mai 2021.
Vielen Dank an unser Gründungsmitglied Wolfgang Braun für seine wertvollen historischen Beiträge und seine Unterstützung als Autor im Heimverein Niederbühl-Förch e.V.

Warum sind auf unserem Friedhof Männer aus der Ukraine begraben?

Eine Antwort auf diese Frage erfordert einen kurzen Blick in die Geschichte zur Zeit des ersten Weltkrieges, denn auch zu dieser Zeit war das Gebiet der heutigen Ukraine ein Zankapfel im Herzen Europas. Große Teile davon gehörten damals noch dem Habsburger Reich an. Im Osten der Region versuchte das zaristische Russland seinen Einfluss dauerhaft auszuweiten. Gleichzeitig gab es Bestrebungen, einen eigenständigen ukrainischen Staat zu gründen.


Diese Tatsache wollte sich das Oberkommando des deutschen-österreichischen  Heeres, das an der Süd-Ost-Front gegen die Truppen des Zaren kämpfte, zunutze machen. Um Russland zu schwächen, unterstützte man die Unabhängigkeitspläne der Ukrainer und sorgte dafür, dass aus der Masse russischer Kriegsgefangenen ukrainisch-stämmige Soldaten „aussortiert“ und in weit entfernte Umerziehungslager gebracht wurden.


Solch ein Lager wurde auch in Rastatt (Münchfeld) eingerichtet. Ab Mai 1915 waren dort bis zu 15.000 Kriegsgefangene ukrainischer Herkunft inhaftiert, mit dem Ziel, ihnen eine antirussische Gesinnung „anzuerziehen“. Dieses Lager nannte der Volksmund „Russenlager“. Folgendes Bild zeigt Insassen des Barackenlagers im Rastatter Münchfeld. Die Karte trägt das Datum: 10.03.1918. [1]

In diesem Lager herrschten zwar unhygienische Zustände und Hunger, aber man kann den Quellen entnehmen, dass die Gefangenen wohl größtenteils gut behandelt wurden. Neben der Umerziehung wurden sie auch zu Arbeiten in der Stadt herangezogen, beispielsweise zu Straßenarbeiten und Einebnungsarbeiten der alten Bastion. [2]


Die Toten wurden zunächst auf dem Stadtfriedhof bestattet, dann auf den 1957/58 neu geordneten Niederbühler Friedhof umgebettet. Hier richtete man einen Ehrenhain als internationale Gedenkstätte ein. Auch Opfer des Zweiten Weltkrieges, u. a. Sinti und Roma sowie Menschen, die das „Arbeitserziehungslager“ an der Landstraße zwischen Kuppenheim und Niederbühl [3] nicht überlebten, fanden hier ihre letzte Ruhestätte.

Den Ehrenhain dominiert ein mit einem Kreuz versehener Findling.

Die Inschrift des Findlings lautet:


Hier ruhen die im Lazarett des Russenlagers Rastatt gestorbenen ukrainischen Kriegsgefangenen 1915 – 1917“

Heute haben wir mit dieser kleinen Anlage einen würdigen Platz zur Erinnerung und Mahnung an schreckliche Zeiten, die auch in unserer Heimat Spuren hinterlassen haben. Es lohnt sich, die Grabkreuze der Ukrainer näher anzuschauen und sich zu vergegenwärtigen, wie viele junge Männer im Alter zwischen 18 und 25 Jahren ihr Leben lassen mussten für eine absurde Idee, die in keiner Weise die beabsichtigte Wirkung erzielte.


Möge es politisch handelnden Personen gelingen, Situationen, wie die hier beschriebenen, zukünftig abzuwenden. Allerdings gibt der derzeitige Krieg in der Ukraine für diesen Wunsch wenig Hoffnung.


Herausgeber

Heimatverein Niederbühl-Förch e. V.

Autor (Text- und Gestaltung)

Erstellt im Oktober 2024. Zweite, überarbeitete Version vom Mai 2021

Blogbeitrag

Erstellt im Oktober 2024 vom Heimatverein Niederbühl-Förch durch Marcus Wirth

Text- und Bildquellen

Sofern nichts anderes vermerkt ist, stammen die Fotografien und Texte von Wolfgang Braun

[1] Text- und Bildquellen: Arbeitskreis für Landeskunde/Landesgeschichte RP Karlsruhe, Kapitel 6: „Der erste Weltkrieg – Heimat“; www.landeskunde-bw.de, sowie Stadtarchiv Rastatt

[2] vgl. Arbeitskreis für Landeskunde, a. a. O.
[3] Hierüber erfahren Sie mehr in einem der nächsten Artikel












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